Interview mit Jumana Mattukat

Vegan leben mit Familie

Die TV-Journalistin, urbia.tv-Moderatorin und zweifache Mutter Jumana Mattukat hat sich entschieden, vegan zu leben. Wie sich das Leben der ganzen Familie dadurch ändert, beschreibt sie in ihrem Buch "Mami, ist das vegan?". Für urbia beantwortet sie Fragen zu ihrer neuen Lebensweise.

Autor: Judith Harraß
Jumana Mattukat
Foto: © Renato Gerussi

Mehr Energie, weniger Bauchgrummeln und ein gutes Gewissen

Liebe Frau Mattukat, nun leben Sie schon länger vegan. Wie fühlen Sie sich gerade?

Jumana Mattukat: Sehr gut. Seitdem ich mich vegan ernähre, habe ich mehr Energie, weniger "Bauchgrummeln" und vor allem fühle ich mich sehr befreit: Weder muss ich mich um die aktuellen Fleischskandale kümmern, noch habe ich ein schlechtes Gewissen den Tieren gegenüber. Nachdem ich für mein Buch recherchiert habe, konnte ich so manche Nacht die Bilder aus den verschiedenen Videos vom Schlachten der Tiere oder aus dem Alltag der Milchkühe nicht vergessen.

Wie sehr beansprucht es Ihre Nerven, nach bestimmten Lebensmitteln zu suchen?

Jumana Mattukat: Beim Einkaufen inzwischen gar nicht mehr. Ich weiß wo ich alles bekomme, was ich brauche. In der ersten Zeit der Umstellung war das anders - da dachte ich, ich werde wahnsinnig beim ständigen Durchlesen der Inhaltsstoffe auf der Rückseite. Ich hätte nie gedacht in wie vielen Produkten Tierisches enthalten ist: Milch- und Eipulver oder Gelatine zum Beispiel. 

Wie gehen Ihre Kinder und Ihr Mann damit um, wenn Sie auf ihre Ernährung angesprochen werden? 

Jumana Mattukat: Die drei sind Vegetarier und kommunizieren das auch so. Als wir alle noch im Prozess "steckten", war das wesentlich weniger klar, sondern eher ein "Rumgeeiere". Da waren sie sicherlich auch schon mal genervt wenn sie darauf angesprochen wurden. Es bestätigt die Erfahrung, die ich auch gemacht habe: Erst wenn jeder seinen eigenen Standpunkt für sich klar hat, kann er oder sie ihn auch gut nach außen vertreten.

Beeinflusst die Entscheidung, sich vegan zu ernähren, auch andere Bereiche? 

Jumana Mattukat: Ja, den Schuhkauf zum Beispiel. Ich habe mir gerade mein zweites Paar vegane Schuhe aus Mikrofasern gekauft. Für Leder müssen Tiere auch sterben, daher kaufe ich mir keine Produkte mehr aus Leder. Allerdings trage ich meine früher gekauften Schuhe noch, solange sie es mitmachen.

In zwölf Jahren zum Biohaushalt und zum vegetarischen Essen – wie groß ist dann noch der Schritt zum veganen? 

Jumana Mattukat: Sehr groß. Während meine Umstellung zum vegetarischen Essen im Nachhinein betrachtet ein Klacks war, hat sich der Schritt zum veganen fast wie ein Selbstschuss ins gesellschaftliche Aus angefühlt. Vegetarier sind gesellschaftlich anerkannt, Veganer waren es noch nicht, als ich mich im März 2012 dazu entschied. Einer der Gründe, warum aus dieser Umstellung ein ganzes Buch werden konnte. Am Essen hängt so unglaublich viel dran - gerade in Familien spielt es eine zentrale Rolle. Am Familientisch spielt sich ja ein großer Teil des Familienlebens ab.  

Ist das vegane Leben nicht viel teurer? 

Jumana Mattukat: Da wir sowohl Käse als auch Fleisch immer in Bioqualität gekauft haben, sind bei uns die Kosten eher zurückgegangen. Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Getreide sind ja eher günstig im Einkauf. Einzig Nussmus und Ersatzprodukte sind relativ teuer. Da Essen ein Teil von mir selbst wird und es mir auch für die Umwelt wichtig ist "Bio" einzukaufen, bin ich bereit eher für Lebensmittel mehr Geld auszugeben als für zum Beispiel ein schickes Auto oder eine neue Couch.  

Worauf fällt es Ihnen immer noch schwer, zu verzichten? 

Jumana Mattukat: Vor Kurzem hätte ich geantwortet: wenn mein Mann einen in Kräuter eingelegten Schafskäse einwickelt und auf den Grill legt. 

Schwerer als auf eine konkrete Sache zu verzichten, finde ich es, in gewöhnlichen Restaurants oder bei "normalen" Buffets vorgeführt zu bekommen, wie wenig Auswahl ich dort habe. Aber ich mache mir die Welt wie sie mir gefällt und gehe in vegane Restaurants, lade Freunde zum Essen zu uns nach Hause ein und bewege mich in einem immer größer werdenden veganen Umfeld. So kann ich mir meinen Traum von einer veganen Zukunft schon heute erfüllen. 

Welche Tipps geben Sie anderen Eltern mit, um einen Umstieg in der Ernährung in der Familie möglichst reibungslos hinzubekommen?

Jumana Mattukat: Mir haben viele Leser geschrieben, dass es ihnen sehr geholfen hat, von meiner Erfahrung zu lesen, von daher empfehle ich natürlich mein Buch. Darin finden sich auch kindertaugliche Rezepte und hilfreiche Weblinks. Ansonsten sollte jeder ein bisschen Geduld mit sich, seinen veganen Kochkünsten und dem Prozess an sich haben. Die Kinder werden nicht gleich Hurra schreien, wenn man komplett anders kocht. Viele Kinder sind ja sowieso nicht so offen für neue Rezepte. Wenn man ihnen allerdings ein klein wenig von der Wahrheit über die Tierhaltung erzählt, dann werden sie sicherlich mitziehen.

Zu schonungslos wäre ich dabei allerdings nicht. Die Wahrheit ist ja selbst für Erwachsene nicht auszuhalten, Filme über den Schlachthausalltag würde ich meinen Kindern zum Beispiel nicht zeigen. Hilfreich ist sicherlich auch sich vor Augen zu führen, dass auch für Kinder die vegane Ernährung die gesündeste ist. Unsere alte Vorstellung von wegen "Die Milch macht's" stimmt einfach nicht.