Entscheidend ist häufig der familiäre Hintergrund
In welchem Schultyp ist ein Kind nach dem Ende der Grundschule gut aufgehoben? Dass nicht nur die Noten, sondern auch der Bildungshintergrund der Eltern bei der Entscheidung eine Rolle spielt, zeigt eine neue Studie.
Nach den Sommerferien wechseln viele Schüler auf eine weiterführende Schule. Doch nicht alle haben sich am Ende der Grundschulzeit für einen Schultyp entschieden, der ihren Fähigkeiten entspricht. Dieses Risiko ist für Schüler aus einem nichtakademischen Haushalt zweieinhalbmal so hoch wie für Kinder aus Akademikerfamilien. Das haben die Bildungsforscher Heike Solga und Johannes Uhlig vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) gemeinsam mit Jürgen Schupp vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung herausgefunden.
Die Wissenschaftler belegen: Viele Schüler, die gute Noten haben, verzichten auf den Wechsel zur Realschule oder auf das Gymnasium - wenn sie aus Familien ohne akademischen Bildungshintergrund kommen. Insgesamt besuchen 17 Prozent der ca. 900 repräsentativ ausgewählten Schüler einen Schultyp unterhalb ihres Leistungsniveaus. Für manche Hauptschüler wäre sogar der Besuch eines Gymnasiums möglich gewesen.
In der Studie geht es um den Zusammenhang von sozialer Herkunft und dem Phänomen des Underachievement. Der Begriff bedeutet, dass Schülerinnen und Schüler einen Schultyp besuchen, der unterhalb ihres individuellen kognitiven Lernpotenzials liegt. Nicht Leistungsunterschiede, sondern Unterschiede bei Bildungsentscheidungen bewirken, dass Kinder aus nichtakademischen Familien eher die Haupt- oder Realschule besuchen statt des Gymnasiums. Die Folgen sind fatal: Diese Schüler können ihr Lernpotenzial nicht in Bildungserfolge umsetzen. Ihre Motivation wird nur unzureichend gefördert, eine Bildungskarriere im Keim erstickt. Chancen für eine spätere qualifizierte Ausbildung oder ein Studium werden auf diese Weise früh verbaut.
Für die Studie wurden Daten des Sozio-ökonomischen Panels ausgewertet. Sie ist als "WZB Discussion Paper" (33 Seiten) abrufbar unter http://bibliothek.wzb.eu/pdf/2009/i09-503.pdf und erscheint im Oktober als Aufsatz in der "Zeitschrift für Soziologie".