Was kostet ein Kind?
Was Kinder Eltern schenken, ihr Lächeln zum Beispiel, ist einfach unbezahlbar. Doch Kinder gehören nicht nur einfach zum Leben, sie kosten auch etwas: Zeit, Kraft und - Geld. Aber wie viel eigentlich? Wir haben nachgefragt, was Kinder wirklich kosten.
Wohlhabende geben fast dreimal so viel fürs Kind aus
Das erste Lächeln eines Babys ist unbezahlbar und macht Eltern einfach glücklich. Dennoch: Wenn Paare darüber nachdenken, ob sie gern ein (weiteres) Kind hätten, spielt nicht nur das Bauchgefühl eine Rolle. Auch der kühle Verstand redet, oder vielleicht sollte man lieber sagen: rechnet ein Wörtchen mit. Er gibt zu bedenken: Kinder kosten Geld. Vielleicht sind eine größere Wohnung, Möbel fürs Kinderzimmer oder ein größeres Auto nötig. Nahrung, Kleidung, Spielzeug, Energiekosten – viele zusätzliche Ausgaben müssen gestemmt werden. Und das auch noch von weniger Einkommen, denn meist muss zumindest zeitweise einer der Partner beruflich zurückstecken oder bleibt ganz zu Hause. Was ein Kind wirklich kostet, bis es flügge wird - urbia hat nachgefragt und nachgerechnet.
Was Eltern für ein Kind monatlich berappen, ist theoretisch schnell gesagt: 549 EUR, so stellt das Statistische Bundesamt trocken fest, geben Eltern zwölf Mal im Jahr fürs Kind aus. Und zwar in Ost- ebenso wie in Westdeutschland. Dies sind knapp 120.000 EUR bis zum 18. Lebensjahr, ohne dass die jährliche Inflation schon hinzugerechnet wäre. Die 549 EUR sind dennoch nur die halbe Wahrheit. Zum Einen sind sie nur ein mittlerer Wert, die vom Einkommen und den Ansprüchen jeder Familie abhängen: Paare mit einem Nettoeinkommen von bis zu 1700 Euro je Monat geben durchschnittlich 325 Euro für ein Kind aus. Bewegt sich das Einkommen um 5400 Euro, steigen die Ausgaben für den Nachwuchs bereits auf 862 Euro. Heißt, wer mehr verdient, will dem Kind in der Regel auch mehr bieten.
Zum Anderen sind von den Statistikern nur die Konsumausgaben (Essen, Kleidung, Wohnen, Spielzeug, Freizeit, Verkehr usw.) erfasst worden, viele Extra-Kosten sind in der Rechnung noch gar nicht enthalten, weil sie zu individuell und zu schwer zu erfassen sind: Einmalige Anschaffungen und Maßnahmen ( Erstausstattung, Möbelkauf, Renovierung eines Zimmers fürs neue Kind), ein vielleicht nötiges größeres Auto, Betreuungskosten (Tagesmutter, Krippe, Kindergarten, Hort), Kosten für finanzielle Vorsorge und für Versicherungen oder die späteren Ausbildungskosten.
Einkommen sinkt nach Ankunft eines Kindes
Bevor man die tatsächlichen Ausgaben fürs Kind aber nun genauer unter die Lupe nimmt, muss noch einer unangenehmen Wahrheit die Ehre gegeben werden: Sobald ein Kind kommt, sinkt das Familieneinkommen. Der Grund: Meist geht einer von bisher zwei Doppelverdienern in den Erziehungsurlaub oder in Teilzeit und muss deshalb weniger Gehalt in Kauf nehmen und auf bestimmte Karrierechancen verzichten. „Mit dem Hinzukommen von Kindern sinken die Pro-Kopf-Nettoeinkommen, und zwar mit steigender Kinderzahl“, erklärt Dr. Margot Münnich. „Damit bleibt die Möglichkeit, dass Erwachsene nach der Geburt von Kindern ihr Konsumniveau beibehalten können, eher die Ausnahme“, warnt die Wirtschaftsexpertin und rechnet vor: Das Einkommen von Eltern liegt bei durchschnittlich nur 63 Prozent des Einkommens kinderloser Paare. Eine Mutter, die zu Hause bleibt, erwirbt während der Erziehungszeiten zudem nur eingeschränkt Rentenansprüche.
Am teuersten sind Wohnen und Essen
Paare möchten aber nun eine ganz konkrete Vorstellung von dem haben, was tatsächlich an Kosten auf sie zukommt. Ein grober Überblick zeigt zunächst: Den größten Posten machen die Wohn- und Energiekosten aus (plus 127 EUR), gefolgt von Lebensmitteln (108 EUR). Die Freizeitgestaltung nimmt mit 87 EUR im Durchschnitt den dritten Platz ein (Grund sind vor allem teure technische Geräte wie Computer und Spielkonsolen). Auf Rang vier folgen die Kosten für Bekleidung und Schuhe (beim ersten Kind staunen Eltern oft, wie teuer ein Paar guter Kinderschuhe ist). Unzählige weitere Posten folgen. Um einen genaueren Überblick zu bekommen, unterteilt man das Leben eines Kindes am besten in Blöcke. Denn die Ausgaben für den Nachwuchs sind sehr stark vom Alter abhängig, oder anders gesagt: Je älter das Kind, desto teurer wird es.
Von der Geburt bis zur Schule: Erstes bis sechstes Lebensjahr
468 Euro monatlich geben Eltern für Kinder bis sechs Jahren im Schnitt aus. Hauptposten sind Wohnen, Kleidung, Essen, aber auch die Ausgaben für Förderung und Freizeit (Babyschwimmen, Krabbelgruppe, musikalische Früherziehung, Ausflüge, Zoobesuche). Allein hierfür blättern Eltern 39 Euro monatlich hin (mit Transportkosten).
Kommt ein Baby, verursacht es aber zunächst einmal recht hohe einmalige Ausgaben. Wer alles neu anschafft, muss allein im ersten Jahr mit Ausgaben von mindestens 3000 Euro rechnen, hat der Beratungsdienst "Geld und Haushalt" des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes in Berlin errechnet. Große Posten sind hierbei die Kinderzimmerausstattung (540 EUR), die Kleidung (640 EUR im ersten Jahr), ein Babywagen samt Zubehör (315 EUR), ein Auto-Babysitz. Hinzu kommen Windeln (365 EUR pro Jahr), später Kindersicherungen für die ganze Wohnung (Treppengitter etc., knapp 100 EUR) und weitere Posten wie eine Krabbeldecke, eine Babywippe, eine Wanne, eventuell ein Laufstall.
Sobald aus dem Kind ein Kindergartenkind wird, „braucht es eine doppelte Ausstattung bei vielen Dingen, wie Regenkleidung, Stiefel, Hausschuhe etc. Dies kann schnell 80 bis 90 EUR pro Saison kosten“, so Elvira Hartmeier von „Geld und Haushalt“, dem Beratungsdienst der Sparkassen Finanzgruppe.
Betreuungskosten schwanken stark
Zusätzlich werden früher oder später fast immer Betreuungskosten fällig. Ein Babysitter oder eine Tagesmutter kosten 5 bis 10 EUR pro Stunde. Die Sätze für Krippe, Kiga, Hort oder Offenen Ganztag sind einkommensabhängig und variieren zudem von Stadt zu Stadt stark, von kostenlosen Angeboten bis zu knapp unter 400 EUR.
Etwas Absicherung braucht jede Familie
Man kann und muss nicht jedes Risiko im Leben einer Familie versichern. „Wichtig ist es aber, die drei größten Verlustmöglichkeiten, die eine Familie treffen können, abzusichern“, betont Hartmeier. „Am wichtigsten ist hier die private Haftpflichtversicherung, die jede Familie haben sollte.“ Sie kostet ab 70 bis 80 EUR jährlich für die Familie, Kinder sind meist kostenlos mit inbegriffen. „An zweiter Stelle steht die Berufsunfähigkeitsversicherung, die für den Fall einspringt, dass der Hauptverdiener aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in seinem Beruf arbeiten kann. An dritter Stelle kommt die Risikolebensversicherung. Sie sichert die Familie für den Fall des Todes des Hauptverdieners ab, damit sie nicht rasch in große finanzielle Not gerät.“ Sie gibt es ab ca. 5 EUR pro Monat. Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht in die Berufsunfähigkeitsversicherung aufgenommen wird, sollte wenigstens eine Unfallversicherung abschließen, so Hartmeier.
In der gesetzlichen Krankenversicherung sind Kinder im Rahmen der Familienversicherung kostenlos mitversichert. Wer für sein Kind eine Oberarzt- bzw. Chefarzt-Behandlung sowie ein Ein- bis Zweibettzimmer möchte, muss 5 bis 10 EUR im Monat für eine private Krankenhauszusatzversicherung berappen.
Die Unfallversicherung für Kinder ist eine weitere mögliche Versicherung. Man kann sie erweitern um eine Invaliditätsabsicherung. Einen Basisschutz gibt es schon ab 3 bis 10 EUR monatlich (ohne Invaliditätsversicherung).
Viele Eltern denken jetzt auch schon über die Absicherung der späteren Ausbildungs- oder Studienkosten nach. Von einer Ausbildungsversicherung raten Experten allerdings ab, denn hier sind die Provisionen zu hoch und machen den Vertrag teuer. Ähnliche bis bessere Renditen bieten Spar- und Fondssparverträge.
Sechs bis zwölf Jahre: Die Ansprüche steigen
568 Euro kostet ein Schulkind statistisch im Monat. Mit dem Beginn der Schulzeit werden allein für Schulranzen, Schreibtisch und Schreibtischstuhl zusätzlich einige hundert Euro fällig. Hinzu kommen Bücher, Schreib- und Bastelmaterial, Ausflüge und Klassenfahrten. Je älter Kinder werden, desto höher sind ihre Ansprüche an Spielzeug, Medien und Unterhaltungselektronik. Unaufhaltsam werden auch – übrigens bei Mädchen und Jungen gleichermaßen - die Bekleidungswünsche anspruchsvoller. Kinder sind Gruppenmenschen. Was „die Anderen“ haben, steht auf dem Wunschzettel ganz oben: das angesagteste Handy, die Wii, der Nintendo DS treten jetzt ihren Siegeszug auch in viele der zuvor „abstinenten“ Haushalte ein. Die Zahl der unter den Kids versendeten SMS wird Legion. 30 Prozent der gesamten Konsumausgaben allein in den Bereichen Bekleidung und Telekommunikation werden denn auch für das Kind aufgewendet.
Eingeplant werden sollten auch weitere Betreuungskosten. „Man muss bedenken, dass ein Schulkind ungefähr 70 Tage Ferien hat, die Eltern aber nur etwa 30 Tage Urlaub. Die restlichen Tage werden teilweise von der Ganztagesbetreuung der Schulen abgedeckt und müssen außerdem z. B. durch Ferienkurse oder –freizeiten, Angebote der Stadtranderholung überbrückt werden“, gibt Elvira Hartmeier zu bedenken. Betreuungskosten außer der Reihe fallen oft auch an, wenn das Kind krank ist.
13 bis 18 Jahre: Große Kinder, große Kosten
Für einen Teenager geben Eltern bereits durchschnittlich 655 EUR monatlich aus. Hauptgrund ist die schlichte Tatsache, dass man Kindern jetzt beim Wachsen förmlich zuschauen kann: Sie essen jetzt für etwa 150 Euro pro Monat. 170 EUR gehen inzwischen für Wohnen und Energie, 55 Euro für Bekleidung drauf. 34 Euro werden für Kinderzimmerausstattung und technische Geräte, 47 Euro für Telekommunikation und andere Medien ausgegeben. Nicht zuletzt wird nun auch das Taschengeld zu einem ernst zu nehmenden Ausgabenpunkt: Zwischen 17,50 EUR im Monat für Zwölfjährige und 61 EUR für 18jährige liegt die Empfehlung. Auch die zunehmende Mobilität des Nachwuchses hat ihren Preis, wenn auf Rennrad und Mofa der Wunsch nach dem Führerschein folgt. Den „Lappen“ zu machen, kostet durchschnittlich 1200 Euro.
Die laufenden Kosten sind mit dem Erreichen der Volljährigkeit meist noch nicht vorbei. Jetzt sind viele Teenies noch keineswegs finanziell unabhängig, sondern noch in der Ausbildung, wohnen also weiterhin zu Hause. Auch, wenn die jungen Erwachsenen bereits eine eigene „Bude“ haben, müssen die Eltern oft noch zahlen – zum Beispiel, wenn das Familieneinkommen zu hoch für einen Bafög-Anspruch ist. Ein Studium kostet etwa 700 EUR im Monat.
Muss ein Kind wirklich so viel kosten?
Bei all diesen Berechnungen müssen Paare, die wenig Geld zur Verfügung haben, schier verzweifeln. Schließlich lebt laut der jüngsten Rechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) jeder siebte Haushalt mit einem oder zwei Kindern bereits unter der Armutsgrenze. Bei drei Kindern steigt dieser Anteil sogar auf ein Fünftel, bei vier Kindern auf ein Drittel aller Familien an. Gerade hat denn auch das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Hartz IV-Regelsätze für Kinder neu berechnet werden müssen, um ein „menschenwürdiges Existenzminimum“ zu gewährleisten.
Zur Beruhigung muss aber auch gesagt werden: Ein großer Teil der aufgeführten Ausgaben sind keine zwangsläufigen Kosten. Es steht nirgendwo geschrieben, dass jedes Kind ein Foto-Handy, ein i-Pod, Spielkonsolen und Taschencomputer besitzen muss. „Es ist wichtig, mit seinen Kindern frühzeitig über Geld zu reden“, betont Elvira Hartmeier. „Also gemeinsam zu überlegen: Was können und wollen wir uns leisten? Was ist uns als Familie wichtig, was weniger wichtig? Wenn wir an einer Stelle mehr ausgeben – wo können wir dies an anderer Stelle wieder herein holen?“
Noch etwas sei zum Trost erwähnt: Je mehr Kinder in einem Haushalt leben, desto geringer sind die durchschnittlichen Pro-Kopf-Ausgaben. Denn zumindest ein Teil der Grundausstattung braucht nur für das erste Kind angeschafft zu werden. Und das spart Geld: Verglichen mit den 550 Euro Konsumausgaben pro Monat im Ein-Kind-Haushalt, liegen die Ausgaben bei Paaren mit zwei Kindern im Schnitt bei 474 und mit drei Kindern bei 452 Euro pro Kind.
Weiterführend Informationen:
Familien können sich kostenlos einen Budgetplan erstellen lassen unter www.geldundhaushalt.de. Ein Service der Site „Geld und Haushalt“ des Beratungsdienstes der Sparkassen-Finanzgruppe.